Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Aber welche Normen gelten in digitalen Kommunikationsräumen?
Dr. Matthias Kettemann erläutert in seinem Vortrag an der
Sigmund Freud Universität in Wien wie Regeln für das Internet entstehen und bezieht sich dabei auf einen neuen Ansatz an Recht und Regelzusämmenhängen in der Digitalität: die normative Ordnung des Internets.
Als Rechtsordnung operiert die Ordnung rechtsförmig oder rechts(form)analog und weist merkliche Selbstkonstitutionalisierungstendenzen auf. Ihre Akteure erfüllen vielfältige Funktionen als Normunternehmer, Normanwender und Normanfechter. Neben staatlichem Recht und Völkerrecht besteht in dieser Ordnung namentlich ein „Tertium“, dem sich zuordnen lässt, was bisher nur unscharf in rechtlichen Begriffen fassbar war.
Zentral weist Kettemann im Vortrag nach, dass es im Internetregime zu einem
normative turn gekommen ist: Aus den Eigengesetzlichkeiten der normativen Ordnung des Internets bringen die technischen wie informationsgesellschaftlichen Prägekräfte durch Prozesse lernender Normativität Regeln hervor, deren Validität durch ordnungsimmanente Prinzipien getestet werden kann. Das Internet entwickelt legitime Normativität also (auch) aus sich heraus. Das ist vielversprechender als die autonome Emergenz des Bewusstseins Künstlicher Intelligenz und erlaubt es, eine neue Theorie der normativen Ordnung des Internets beruhend auf einer Deonotologie des Digitalen zu formulieren.