Die Vorlesungsreihe zu Flucht und Exil von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart an der Universität Hamburg, u.a. mit dem Vortrag von Alina Laura Tiews "Migration und Medien: Der Nordwestdeutsche und der Norddeutsche Rundfunk (NWDR/NDR) als integrationspolitischer Akteur in der Flüchtlingskrise nach 1945", Programm (pdf)
Angesichts der Dramatik der aktuellen Fluchtbewegungen nach und in Europa erhält die historische Auseinandersetzung mit Migrationen der vergangenen zwei Jahrhunderte eine neue Brisanz. Der gewaltsame Bruch von biographischen Entwürfen und der meist unfreiwillige Beginn neuer Lebensplanungen durch Flucht treten zunehmend als prägendes Element moderner Gesellschaften hervor.
In der Vorlesungsreihe "Migration in Hamburg: Flucht und Exil von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart" sollen die vielfältigen Flucht- und Migrationsbewegungen in ihren unterschiedlichen Perspektiven und Dimensionen zur Stadt- und Kulturgeschichte Hamburgs beleuchtet werden. Das Themenspektrum ist vielfältig: Ob die Zuwanderung von religiösen Minderheiten in der Frühen Neuzeit, die Auswandererbewegung Richtung Amerika ab dem 19. Jh., Deportationen aus und nach Hamburg im Nationalsozialismus, Verfolgung und Exil oder die gegenwärtige Flüchtlingsthematik mit Geflüchteten aus Krisengebieten wie Syrien, der Balkanregion oder Somalia (im historischen Vergleich), sie alle wären hier beispielhaft zu nennen.
Die Themen aus den unterschiedlichen Disziplinen sollten in ihrem Bezug zu Hamburg eine kulturhistorische Perspektive entfalten. Der Begriff des Kulturellen wird hier sehr weit gefasst. Der Schwerpunkt liegt auf der Frage, inwieweit kulturelle Praktiken, die sowohl in den Alltag wie auch in die politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen – und im engeren Sinne kulturellen – Dimensionen hineinwirken, in den Themenachsen "Flucht" und "Exil" wirksam werden. Dies kann von der individuellen Dimension bis zur städtisch-urbanen Gesellschaft alle gesellschaftlichen Gruppen, ihre Präsentations- und Verarbeitungsformen von Migration umfassen. Dazu zählt auch die narrative Bearbeitung der oft traumatischen und verlustreichen Fluchtgeschichten etwa in Literatur oder Psychotherapie inklusive der Wirkungen, die solche Flucht-Traumatisierung über die unmittelbar Betroffenen hinaus auf nachfolgende Generationen (Kinder, Enkel) haben können.
Eine methodische Selbstreflexion, die Einbettung in ein Forschungsfeld und die Vorstellung forschungsrelevanter Leitfragen wird vorausgesetzt. Die vorzutragenden Themen sollten neue Forschungsergebnisse vorstellen bzw. an sie anknüpfen. Zu beachten ist, dass sich der Vortrag an ein breites Publikum des öffentlichen Vorlesungswesens wendet.
Für die insgesamt zwölf bis 14 Sitzungen sind Vorträge von jeweils 45-60 Minuten mit anschließender Diskussion geplant.
Die Vorlesungsreihe wird veranstaltet durch den Forschungsverbund zur Kulturgeschichte Hamburgs (FKGHH) sowie den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. (Landesverband Hamburg).
4. April Oliver Schirg, Hamburger Abendblatt: Die Berichterstattung des Hamburger Abendblatt über die Flüchtlingskrise
11. April Alina Laura Tiews, Hans-Bredow-Institut für Medienforschung, Hamburg: Migration und Medien: Der Nordwestdeutsche und der Norddeutsche Rundfunk (NWDR/NDR) als integrationspolitischer Akteur in der Flüchtlingskrise nach 1945
18. April Astrid Henning-Mohr, Universität Oldenburg: Erzählen einer Gegenöffentlichkeit. Hamburger Filmproduktionen und ihre Migrationsdiskurse
25. April Monica Rüthers, Universität Hamburg: Die Entlausung. Mary Antin unterwegs ins gelobte Land
2. Mai Doerte Bischoff, Universität Hamburg: Exilforschung in Hamburg: Impulse von Exilanten nach 1933 und aktuelle Perspektiven
9. Mai Stephanie Zloch, Georg-Eckert-Institut – Leibniz-Institut für internationale Schulbuchforschung, Braunschweig: „Flüchtlingskinder“ und „Ausländerkinder“ in Hamburger Schulen seit 1945
23. Mai Hans-Peter Strenge, Gegen Vergessen – Für Demokratie, Hamburg: Vertrieben aus Hamburg und geflüchtet in die Hansestadt und das Umland – Kontinuitäten und Brüche in den Flüchtlingsbewegungen von den 1930er bis in die 1990er Jahre des 20. Jahrhunderts
30. Mai David Templin, Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg: Exil in Hamburg. Türkische Immigranten nach dem Militärputsch 1980
6. Juni Björn Siegel, Institut für die Geschichte der deutschen Juden, Hamburg: Deutscher, Jude, Amerikaner. Der Hamburger Reeder Arnold Bernstein zwischen den Welten
13. Juni Kristina Vagt, Historikerin, Hamburg: Unrühmlicher Erinnerungsort. Flucht und Deportation von Hamburger Juden, Sinti und Roma 1933-1945
20. Juni Maryam Jafarbegloo, Architekturbüro baumschlager-eberle, Hamburg: Der Einfluss der Kultur auf den Integrationsprozess von Einwanderern
27. Juni Jorun Poettering, Ludwig-Maximilians-Universität München: Portugiesische Juden und Hamburger. Zwei Ausprägungen migrantischen Unternehmertums in der Frühen Neuzeit
4. Juli Matthias Asche, Eberhard Karls Universität Tübingen: Katholiken in Altona und Hamburg – Gruppenidentität, Minderheitenexistenz und Inferioritätserfahrung im Spannungsfeld von erzwungener Anpassung und sozialer Abgrenzung
11. Juli Friedemann Pestel, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg / Universität Wien: „Das Exil hat, wie alle Lagen des menschlichen Lebens, sein Gutes“: Französische Revolutionsemigranten in Hamburg in den 1790er Jahren
Die Vorlesungsreihe wird gemeinsam vom Forschungsverbund zur Kulturgeschichte Hamburgs und dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. Landesverband Hamburg veranstaltet. Sie wird gefördert durch die Stiftung Gedenken und Frieden.