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Stellungnahme: Eckpunkte des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt

Stellungnahme: Eckpunkte des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt

Eine Reihe von HBI-Expert*innen aus den Bereichen Medienrecht, Jugendmedienschutz, Plattformregulierung und Internetforschung haben in einer Stellungnahme ihre Einschätzung zu einem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) zu einem Gesetz für digitale Gewalt abgegeben. Darin beurteilen sie die drei vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche Betroffener:  (1) erweiterte Auskunftsansprüche, (2) temporäre Accountsperrungsansprüche, (3) bessere Ansprechbarkeit von Anbietern. Die Autor*innen stellen fest: Allen drei Instrumenten begegnen rechtliche Bedenken und Fragen der Effektivität in der Praxis.
 
Stellungnahme downloaden (pdf)
 
Zum Eckpunktepapier des BMJ
 
Autor*innen: Sünje Andresen, Stephan Dreyer, Matthias C. Kettemann, Tobias Mast, Katharina Mosene, Jan Rau, Valerie Rhein, Wolfgang Schulz, Neda Wysocki.
 

Zusammenfassung
Deutlich geworden ist insbesondere, wie eng der Zusammenhang zwischen der Breite des genutzten Verletzungs- oder Gewaltbegriffs und der Gefahr von Chilling Effects für die öffentliche Kommunikation sein wird: Je breiter und vager der sachliche Anwendungsbereich, desto unklarer ist die Möglichkeit der rechtlichen Einschätzung des eigenen Handelns, und desto eher sehen Kommunizierende ggf. von einer (auch zulässigen) Äußerung ab. Die geplante Einbeziehung juristischer Personen als Anspruchsberechtigte droht bei einem weiten Gewaltbegriff bestehende Machtungleichgewichte zu verstärken, insbesondere mit Blick auf die Möglichkeit, aus Unternehmenssicht unliebsame Äußerungen und selbst sachliche Kritik aus dem Netz entfernen zu wollen. Es erscheint angeraten, den Gewaltbegriff auf Rechtsverletzungen von natürlichen Personen zu begrenzen.
  
Insgesamt stellt sich angesichts der Rechts-, der Wirksamkeits- und der Praktikabilitätsprobleme die Frage, ob die Übergabe der Durchsetzung von Betroffenenrechten an das Zivilrecht sinnvoll ist. Bei vielfachen und schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen geht es zentral um den staatlichen Gewährleistungsauftrag, eine Rechtsordnung zu schaffen, die einzelne Personen vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu schützen in der Lage ist. Das vorgesehene Konzept, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen in erster Linie der betroffenen Person Mittel zur Rechtsdurchsetzung an die Hand zu geben, erscheint angesichts der auch betroffenen gesellschaftlichen und staatlichen Interessen einer nicht-toxischen öffentlichen Kommunikation, die zur kommunikativen Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger einlädt, jedenfalls suboptimal.
  
Angesichts der Verletzungshandlungen erscheint angezeigt, jedenfalls auch über Möglichkeiten des Ordnungsrechts für die Gewährleistung von Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu diskutieren – angesichts der auch berührten überindividuellen, gemeinschaftlichen Interessen kann dies auch eine Thematik der Kommunikationsregulierung sein. Ein medienaufsichtsrechtliches Vorgehen gegen signifikante Persönlichkeitsrechtsverletzungen könnte zumindest einige der aufgezeigten Problematiken schmälern.
  
Letztlich aber muss festgestellt werden, dass jeder staatliche Ansatz angesichts der Vielzahl der begangenen Verletzungen schlecht skaliert. Die Bearbeitung von Einzelfällen ist personaleinsatz- und kostenintensiv und kostet Zeit. Alternative Governanceansätze, die statt einzelner behördlicher oder gerichtlicher Stellen Formen der Netzwerkverantwortung mit prozeduralen Vorgaben hinsichtlich der einzuhaltenden Verfahrensgestaltungen und Entscheidungsmaßstäbe machen, können das Problem der Skalierbarkeit ggf. besser lösen. Plattformen verfügen über ausdifferenzierte Governanceinstrumente von Informationsflüssen und können gerade kampagnenhafte Kommunikationsakte gut erfassen und etwa dort, wo eine entsprechende Sensibilisierung im Austausch mit Politik und Wissenschaft erfolgt ist, effektiv steuern bzw. unterbinden. Hier zeigt der Digital Services Act, dass es auch Formen hybrider Governance und regulierter Selbstregulierung gibt, bei denen gesetzliche Vorschriften Vorgaben für die Gestaltung von Verfahren auf der Seite der Plattformanbieter machen, die diese dann in skalierbare, gelebte Moderations- und Sperrpraktiken umsetzen. Das Eckpunktepapier verharrt hier noch in eher klassischen Regulierungsansätzen.
 
 
Hamburg, 31. Mai 2023
 
 

Stellungnahme: Eckpunkte des BMJ zum Gesetz gegen digitale Gewalt

Eine Reihe von HBI-Expert*innen aus den Bereichen Medienrecht, Jugendmedienschutz, Plattformregulierung und Internetforschung haben in einer Stellungnahme ihre Einschätzung zu einem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Justiz (BMJ) zu einem Gesetz für digitale Gewalt abgegeben. Darin beurteilen sie die drei vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Durchsetzung rechtlicher Ansprüche Betroffener:  (1) erweiterte Auskunftsansprüche, (2) temporäre Accountsperrungsansprüche, (3) bessere Ansprechbarkeit von Anbietern. Die Autor*innen stellen fest: Allen drei Instrumenten begegnen rechtliche Bedenken und Fragen der Effektivität in der Praxis.
 
Stellungnahme downloaden (pdf)
 
Zum Eckpunktepapier des BMJ
 
Autor*innen: Sünje Andresen, Stephan Dreyer, Matthias C. Kettemann, Tobias Mast, Katharina Mosene, Jan Rau, Valerie Rhein, Wolfgang Schulz, Neda Wysocki.
 

Zusammenfassung
Deutlich geworden ist insbesondere, wie eng der Zusammenhang zwischen der Breite des genutzten Verletzungs- oder Gewaltbegriffs und der Gefahr von Chilling Effects für die öffentliche Kommunikation sein wird: Je breiter und vager der sachliche Anwendungsbereich, desto unklarer ist die Möglichkeit der rechtlichen Einschätzung des eigenen Handelns, und desto eher sehen Kommunizierende ggf. von einer (auch zulässigen) Äußerung ab. Die geplante Einbeziehung juristischer Personen als Anspruchsberechtigte droht bei einem weiten Gewaltbegriff bestehende Machtungleichgewichte zu verstärken, insbesondere mit Blick auf die Möglichkeit, aus Unternehmenssicht unliebsame Äußerungen und selbst sachliche Kritik aus dem Netz entfernen zu wollen. Es erscheint angeraten, den Gewaltbegriff auf Rechtsverletzungen von natürlichen Personen zu begrenzen.
  
Insgesamt stellt sich angesichts der Rechts-, der Wirksamkeits- und der Praktikabilitätsprobleme die Frage, ob die Übergabe der Durchsetzung von Betroffenenrechten an das Zivilrecht sinnvoll ist. Bei vielfachen und schweren Persönlichkeitsrechtsverletzungen geht es zentral um den staatlichen Gewährleistungsauftrag, eine Rechtsordnung zu schaffen, die einzelne Personen vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu schützen in der Lage ist. Das vorgesehene Konzept, bei Persönlichkeitsrechtsverletzungen in erster Linie der betroffenen Person Mittel zur Rechtsdurchsetzung an die Hand zu geben, erscheint angesichts der auch betroffenen gesellschaftlichen und staatlichen Interessen einer nicht-toxischen öffentlichen Kommunikation, die zur kommunikativen Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger einlädt, jedenfalls suboptimal.
  
Angesichts der Verletzungshandlungen erscheint angezeigt, jedenfalls auch über Möglichkeiten des Ordnungsrechts für die Gewährleistung von Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen zu diskutieren – angesichts der auch berührten überindividuellen, gemeinschaftlichen Interessen kann dies auch eine Thematik der Kommunikationsregulierung sein. Ein medienaufsichtsrechtliches Vorgehen gegen signifikante Persönlichkeitsrechtsverletzungen könnte zumindest einige der aufgezeigten Problematiken schmälern.
  
Letztlich aber muss festgestellt werden, dass jeder staatliche Ansatz angesichts der Vielzahl der begangenen Verletzungen schlecht skaliert. Die Bearbeitung von Einzelfällen ist personaleinsatz- und kostenintensiv und kostet Zeit. Alternative Governanceansätze, die statt einzelner behördlicher oder gerichtlicher Stellen Formen der Netzwerkverantwortung mit prozeduralen Vorgaben hinsichtlich der einzuhaltenden Verfahrensgestaltungen und Entscheidungsmaßstäbe machen, können das Problem der Skalierbarkeit ggf. besser lösen. Plattformen verfügen über ausdifferenzierte Governanceinstrumente von Informationsflüssen und können gerade kampagnenhafte Kommunikationsakte gut erfassen und etwa dort, wo eine entsprechende Sensibilisierung im Austausch mit Politik und Wissenschaft erfolgt ist, effektiv steuern bzw. unterbinden. Hier zeigt der Digital Services Act, dass es auch Formen hybrider Governance und regulierter Selbstregulierung gibt, bei denen gesetzliche Vorschriften Vorgaben für die Gestaltung von Verfahren auf der Seite der Plattformanbieter machen, die diese dann in skalierbare, gelebte Moderations- und Sperrpraktiken umsetzen. Das Eckpunktepapier verharrt hier noch in eher klassischen Regulierungsansätzen.
 
 
Hamburg, 31. Mai 2023
 
 

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