Welchen Zusammenhang gibt es zwischen der Vielfalt unserer Online-Informationsrepertoires und politischer Polarisierung, also der Verstärkung von Meinungsunterschieden zu bestimmten Themen und Gruppen im Zeitverlauf?
Unsere aktuelle Informationsumgebung online bietet Bürgerinnen und Bürgern eine Fülle von Nachrichten und anderen Inhalten, die für die politische Meinungsbildung relevant sind und die sich in Bezug auf journalistische Qualität und politische Extremität erheblich unterscheiden.
Politiker, Journalisten und Wissenschaftler mutmaßen, dass die Vielfalt und Personalisierung von Informationsquellen online zu einer Fragmentierung des Publikums und zur politischen Polarisierung beitrage: Dadurch, dass Bürger*innen zunehmend weniger Schnittmengen in ihrem Nachrichtenkonsum und ihren politischen Meinungen hätten, komme zu einer Ausdifferenzierung.
Die Forschung über das Zusammenspiel von Medienexposition und dynamischen Polarisierungsprozessen ist jedoch spärlich und teilweise widersprüchlich. Einer der Gründe dafür ist, dass Methoden, die traditionell von Sozialwissenschaftlern zur Messung der Medienexposition eingesetzt werden, wie z. B. Selbstauskünfte in Umfragen, das Online-Verhalten nur unzureichend erfassen.
Wir wählen in dem dreijährigen Kooperationsprojekt mit den Universitäten Bremen und Konstanz sowie dem Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften GESIS deswegen einen anderen Ansatz. Unser Projekt verbindet Techniken aus der Computational Social Science mit Theorien und Methoden aus der Kommunikations- und Politikwissenschaft. Der empirische Kern ist ein einjähriges Web-Tracking einer repräsentativen Stichprobe von ca. 1.500 deutschen Bürger*innen aus einem Online-Access-Panel. Die Teilnehmer*innen werden in fünf Wellen zu Demografie, politischer Meinung und Mediennutzung befragt und willigen ein, dass ihre besuchten Webseiten automatisiert erfasst werden. Durch automatisiertes Crawling und Textanalyse dieser Website-Inhalte sind wir in der Lage, die Quellen-, Themen- und Akteursvielfalt der Informationen zu messen, denen die Teilnehmer ausgesetzt sind, und diese mit der Entwicklung ihrer politischen Meinungen im Laufe der Zeit in Beziehung zu setzen.
Mit diesen Längsschnittdaten untersuchen wir systematisch das Zusammenspiel zwischen Online-Informationsnutzung und politischen Meinungen, indem wir Veränderungen einzelner Individuen im Zeitverlauf untersuchen. Auf einer aggregierten Ebene beantworten wir Fragen zur Fragmentierung des Publikums und zu den absoluten und sich verändernden Ebenen der themenbezogenen und affektiven Polarisierung. Die Ergebnisse können wissenschaftliche und politische Debatten über Echokammern, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Regulierung von Online-Umgebungen ergänzen.
Das dreijährige Projekt wurde im Rahmen des Leibniz-Wettbewerbes Kooperative Exzellenz vom HBI als Antragssteller in Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern in Köln, Bremen und Konstanz eingeworben.
Als Teilnehmer:in der POLTRACK-Studie erhalten Sie die von uns die gesetzlich vorgeschriebenen Informationen zum Datenschutz und zur gemeinsamen Verantwortlichkeit der beteiligten Forschungsinstitutionen nach Art. 26 Abs. 2 S. 2 DSGVO hier (pdf).