Thematischer Bezug zu gesellschaftlichem Zusammenhalt
Angesichts ihrer staatsfernen Organisation und ihrer Beitragsfinanzierung sind öffentlich-rechtliche Medienanbieter weniger von negativen Marktexternalitäten betroffen. Dieser Umstand führt theoretisch zu Vorteilen bei der Selektion von Themen und der Produktion von Medieninhalten. Eine Ausrichtung an öffentlichen Berichterstattungsinteressen bietet – wiederum theoretisch – die Chance einer besonderen Stellung dieser Medien bei der Herstellung von Öffentlichkeit, der Integration divergierender Bevölkerungsgruppen, der Ermöglichung politischer Teilhabe sowie der Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Medienangebote in der Gesellschaft. Das Projekt arbeitet heraus, wie ein aus dem Grundgesetz sowie dem einfachgesetzlichen Rundfunk- und Medienrecht abgeleiteter Integrationsauftrag öffentlich-rechtlicher Anbieter ausgestaltet ist und inwieweit die derzeitigen Rundfunkanstalten diesem Auftrag aus Sicht der Bevölkerung nachkommen.
Das Projekt verbindet somit begrifflich-theoretische Grundlagenarbeit zu institutionellen Grundlagen der Gesellschaft – ihrer Medienordnung – mit empirischen Analysen zur Konzeption, Umsetzung und Akzeptanz von „gesellschaftlichem Zusammenhalt“ als Zielwert öffentlich-rechtlicher Angebote. Von den in der FGZ-Heuristik angelegten Faktoren bzw. Quellen gesellschaftlichen Zusammenhalts fokussiert das Vorhaben insbesondere a) auf Einstellungen und Haltungen (
affektive Dimension) sowie b)
institutionelle Strukturbedingungen. Mittelbar werden zudem Befunde zur Präsenz der Public-Service-Medien in öffentlichen (Social-Media-)Diskursen ermittelt, sodass auch Befunde zu
Formen kollektiv wirksamen Erzählens ermittelt werden.
Methoden, empirischer Zugang, Vorgehen
Das Projekt umfasst fünf Arbeitspakete. Es arbeitet zunächst, auch unter Rückgriff auf internationale Vergleiche, heraus, ob und welche Integrationsfunktion der
Public Service-Medien sich aus dem bestehenden verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Rechtsrahmen ergibt. Dieser Integrationsauftrag wird im Rahmen des Projekts weiter ausdifferenziert und operationalisiert.
Darauf aufbauend ermittelt das Projekt in mehreren Teilstudien mit unterschiedlichen empirischen Methoden, wie sich angesichts des medialen und gesellschaftlichen Wandels die zusammenhaltsbezogenen Leistungen der
Public Service-Medien sowie die damit korrespondierenden Erwartungen in der Bevölkerung definieren und messen lassen:
- Interdisziplinäre wissenschaftliche Expert*innen-Workshops sowie Stakeholder-Workshops (mit öffentlich-rechtlichen Anstalten; Bürger*innen; relevanten zivilgesellschaftlichen Institutionen), um die Gestalt und Konkretisierung der Integrationsfunktion von öffentlich-rechtlichen Medien zu eruieren und fortzuführen;
- Sekundärauswertung von Daten des „Reuters Institut Digital News Survey“, um den Stellenwert und die Akzeptanz öffentlich-rechtlicher Angebote in Deutschland sowohl im Längsschnitt seit 2013 als auch im internationalen Vergleich zu ermitteln (wird in Kooperation mit dem Hamburger Teilprojekt im FGZ „Mediennutzung und gesellschaftlicher Zusammenhalt” durchgeführt);
- Analyse der Präsenz von öffentlich-rechtlichen Angeboten in sozialen Medien, um den Stellenwert öffentlich-rechtlicher Inhalte in zusammenhaltsbezogenen Diskursen sowie in Informationsrepertoires von Social Media-Nutzer*innen zu ermitteln (wird unter Rückgriff auf Daten des Hamburger Teilprojekts im FGZ „(Social) Media Observatory“ durchgeführt und umfasst zwei Analysewellen);
- eine quantitative repräsentative Bevölkerungsumfrage, um Erwartungen an Public Service-Medien, insbesondere in Bezug auf gesellschaftlichen Zusammenhalt zu ermitteln (wird in Kooperation mit dem Hamburger Teilprojekt im FGZ „Was Journalisten wollen und sollen“ durchgeführt).