Die aktuelle arte-Sendung „42 – Die Antwort auf fast alles“ beschäftigt sich mit dem Phänomen des Lügens und stellt die Frage, ob Lügen immer und ausschließlich schlecht sind, oder ob sie unsere Welt nicht vielleicht sogar besser machen können. Jan-Hinrik Schmidt betrachtet das Thema von seinem liebstem Forschungsort aus – dem Internet – und erklärt, warum gerade dort Lügen so gefährlich werden können.
Zwar ist der Mensch besonders gut darin, jedoch ist er lange nicht die einzige Spezies, die ihre Artgenossen durch bewusste Täuschung hinters Licht zu führen versucht. Verschiedene Arten von Menschenaffen tun es, Schwalben tun es, selbst Frösche. Die Lüge hilft Individuen in einer großen Herde, trotz großer Konkurrenz um Futter und Fortpflanzung, mehr für sich herauszuschlagen. Erst einmal ist das ein egoistischer Zweck.
Zu verstehen, dass andere nicht das Gleiche wissen, wie wir, ist für Kinder nach wie vor ein fundamentaler Schritt in ihrer Entwicklung. Die Lüge ist nicht immer schlecht, sie ist ein soziales Werkzeug, das wir benötigen, um in den großen Gruppen, in denen wir leben, navigieren zu können. Indem wir unser Innerstes nicht jederzeit offenbaren müssen.
Wann Lügen uns also helfen und wann sie gefährlich werden, will die halbstündige arte-Dokumentation herausfinden und befragt dazu einen Psychologen, einen Evolutiosbiologen, eine Entwicklungspsychologin – und HBI-Internetforscher
Jan-Hinrik Schmidt.
Lügen im Internet
Während eine analoge Lüge, die nur zwischen einer Handvoll Leuten kursiert, meist wenig Einfluss auf die Gesamtgesellschaft nimmt, können Lügen im Digitalen große negative Auswirkungen haben. Dort werden sie in Form von Fake-News und sich rasant verbreitenden Desinformationen zur Gefahr.
„Das Problem mit Fake-News ist, dass sie das Vertrauen in Öffentlichkeit, in Journalismus und in die Art, wie wir uns als Gesellschaft verständigen, unterminieren“, sagt Jan-Hinrik Schmidt. „Menschen, die ein Interesse daran haben, dass sich Desinformation verbreitet, spielt das Internet in die Karten. Zum einen schafft das Internet Verbindungen zwischen uns Menschen, sodass wir als Nutzende, vielleicht unwissentlich, auch Dinge verbreiten können, die sich hinterher als falsch herausstellen. Zum anderen sprechen Desinformationen unsere Emotionen an. Wir empfinden sie als besonders skandalös oder sie bestätigen unsere Meinung. Das heißt, wir reagieren besonders emotional darauf. Diese Signale greifen Algorithmen auf und verbreiten diese Information umso rasanter weiter.“
Die Sendung wurde am 17. September ausgestrahlt. Nachschauen kann man sie in der
arte-Mediathek.
(Hamburg, 9. Oktober 2023)